Ich habe diesen Brief an meine Tochter vor einiger Zeit schon geschrieben. Ich habe ihn immer wieder aus der Schublade genommen und etwas dazu geschrieben. Zum ersten Mal kommt er so ans Tageslicht.
Es gibt so viele Sachen, die ich meiner Tochter für ihr Leben mitgeben möchte, aber sie haben keinen Platz hier, zwischen den Zeilen, zwischen den Worten und meinen Gedankengängen.
Es gibt Sachen, die muss man spüren, die muss man leben. Nicht alles, was im Leben zählt, kann man auch in Worte fassen und darin liegt auch der Zauber, glaube ich.
Und es macht nichts, dass es so ist. Ich finde es schön. Denn das macht uns besonders, das macht uns lebendig.
Aber die Worte, die ich eingefangen habe und geschafft habe auf einem Blatt Papier festzuhalten, diese möchte ich ihr schenken. Denn ich möchte nicht, dass sie verloren gehen.
Ich möchte nicht, dass sie mit der Zeit verblassen und vergessen werden. Glück, Trauer, Ängste, ein Leben, eine Liebe … sie haben nichts zwischen den toten Worten auf einem Blatt Papier zu suchen, könnte man denken.
Mann muss leben und lieben, und in vollen Zügen genießen, alles was uns das Leben anbietet. Aber manchmal, manchmal kann man die Gedanken nicht festhalten, man kann sie nicht einfangen und richtig erleben, bevor man sie nicht aufgeschrieben hat.
Ja, Worte sind tot, aber nur bis sie jemand entdeckt und liest. Denn dann, dann werden sie lebendig.
Du fragst dich nun bestimmt, wieso der Brief an meine 16-jährige Tochter adressiert ist, wenn meine Tochter erst ein paar Jahre alt ist.
Den Brief an meine Tochter werde ich mit Geduld aufbewahren und ihr erst dann schenken, wenn sie schon eine junge Frau ist und meine Worte verstehen kann, aber noch immer ein kleines Mädchen ist, um ihr noch rechtzeitig ein paar Lebensweisheiten mit auf ihren Weg zu geben.
Vielleicht werde ich diesen Brief ihr auch schon mit 13. Jahren schenken und zusammen mit schönen Wünschen zum Geburtstag verpackt einreichen.
Und ich weiß nicht, wie oft ich noch diesen Brief ändern werde, was ich noch dazu schreiben werde, ob es am Ende Briefe an meine Tochter sein werden, ob ich die Gelegenheit haben werde, ihr den Brief zu geben.
Ich weiß nicht, ob sie so einen Brief vielleicht kitschig finden wird, ob sie dankbar dafür sein wird, ob sie mich verstehen wird oder es ihr einfach peinlich sein wird.
Das weiß ich leider nicht. Aber das bin ich. So funktioniere ich… und auch wenn es nur Worte auf einem Blatt Papier sind. Manche Sachen ruft man erst dann ins Leben, wenn man sie auf einem Blatt Papier festhält.
Brief an meine Tochter
Happy Birthday meine liebe Tochter!
Ich habe auf dich gewartet.
Als ich noch ein kleines Mädchen war und mit meinen Puppen spielte, übte ich schon deine Mami zu sein. Und wie auch so viele andere kleine Mädchen, träumte auch ich davon, wie ich dir Gutenachtgeschichten vorlese und dich in den Schlaf wiege.
Ich träumte von deinen perfekten Augen und deinem warmen Blick. Dein wunderschönes Lächeln habe ich mir so oft in meinen Gedanken vorgestellt.
Aber du bist noch viel perfekter und einzigartiger als ich es mir je vorgestellt hatte. Ich hoffte schon damals, dass wir eine besondere Beziehung haben werden, die uns für immer verbinden wird.
Dass ich das perfekte Gleichgewicht finden werde, zwischen Mami sein und einer Freundin für dich. Ich hoffte damals auch, dass ich deine Vertrauensperson Nummer 1 sein werde.
Ich wünsche mir, dass ich all deine Geheimnisse, Ängste und Träume wissen darf. Obwohl du nicht mein erstes Kind bist, bist du auf jeden Fall ein Wunschkind.
Ich wollte schon immer eine Perlenmama sein und du hast mir diesen Wunsch erfüllt. Durch dich und deinen Bruder weiß ich, was bedingungslose Liebe ist.
Ich liebe euch zwei von ganzem Herzen, so sehr, dass es weh tut. Aber keine Sorge, es tut nicht weh, deine verwirrte Mami weiß nur gerade nicht, wie sie ihre Gefühle für dich und deinen Bruder in Worte fassen soll.
Du und dein Bruder erinnert mich jeden Tag daran, wie glücklich ich bin und wie sehr ich das Mamasein liebe. Und nun erzähle ich dir, wie ich dich kennengelernt habe.
Dieser Tag, …. der Tag an dem schnell eine Entscheidung getroffen werden musste, weil es um das Leben von einer Mutter und einer Tochter ging.
An dem Tag, wo man mich mit Höchstgeschwindigkeit in den OP-Saal gebracht hatte, während ich nur Wehen spürte und Schritte um mich und hinter mir hörte.
An dem Tag, an dem ich in einen tiefen Schlaf versank, mit dem Glauben und der Hoffnung, dass am Ende doch alles gut gehen wird.
Der Tag, an dem die Zeit stehengeblieben ist und ich jemanden aus der Weite meinen Namen rufen hörte.
Und ich erinnerte mich gleich an das Baby. An dich! Dieser Tag war Tag Null. Und von da an hat alles begonnen!
Du bist mein Glück der Welt, du bist meine Perle, du bist mein Schatz, mein Spatz, du bist alles, was ich mir wünschte. Ich möchte dich jeden Tag lachen sehen, dich begleiten und dich unterstützen.
Ich möchte, dass du mit mir rechnen kannst. So wie du vom ersten Tag an immer mit mir rechnen konntest. Als ich dich das erste Mal in meinen Armen hielt, werde ich nie im Leben vergessen.
Als ich dich und deinen Bruder das erste Mal gesehen, gespürt, gerochen hatte, das sind die besten Bilder in meinen Erinnerungen. Ich möchte, dass du auch einmal dieses Glück erlebst, denn dann wirst du mich verstehen.
Ich möchte täglich Witze von dir hören, ich möchte dich täglich Unfug machen sehen. Ich möchte dich ewig in meinen Armen halten und dich vor allen schlechten Dingen beschützen.
Aber du wirst wachsen, du wirst mich immer weniger brauchen. Auch wenn du noch so klein bist, merke ich schon, wie du mich immer weniger brauchst.
Aber ich bin nicht egoistisch, ich möchte, dass du zu einer reifen jungen Frau heranwächst. Dass du dich als Person selber findest, wobei ich dir natürlich immer gerne helfen werde.
Ich möchte, dass du auch immer weißt, wie besonders du bist. Nicht nur für mich und Papa, du bist besonders mein Schatz.
Ich möchte dich aber auch nicht anlügen und sagen, dass alles immer toll sein wird. Nein, das möchte ich nicht.
Ich möchte dir die Augen öffnen und dich auf alle Phasen vorbereiten, die das Leben für dich bereithält. Ich hoffe, dass du nur schöne Dinge erleben wirst.
Aber du musst auch die weniger schönen erleben, leider, aber auch zum Glück.
Denn die unschönen Dinge gehören auch dazu und lehren uns jeden Tag die schönen mehr zu schätzen. Und deswegen…
… möchte ich dir auch einige Weisheiten mitgeben.
Ich möchte …
Ich wünschte…
Ich wünschte, ich könnte dir sagen, dass im Leben alles perfekt ist.
Dass es schmerzfrei ist.
Dass es einfach ist.
Dass du immer genau wissen wirst, was du tun sollst.
Ich wünschte, ich könnte dir ein Buch mitgeben, mit der Gebrauchsanweisung “wie einfach durchs Leben gehen”.
Ich wünschte, ich könnte dir die unnötigen Ängste und Dinge, die dich unnötig belasten abnehmen.
Ich wünschte.
Aber ich kann es leider nicht.
Jeder von uns muss seine eigene Geschichte durchleben.
Neue Kapitel im Leben öffnen.
Die Seiten mit unendlicher Freude, Tränen, Lachen, …wieder Tränen, Befürchtungen, Erwartungen, Ängsten, psychischen und physischen Schmerzen und mit Glück ausfüllen.
Eigene Grenzen setzen und sie danach verschieben und sich selber immer wieder neu kennenlernen.
Ich kann dir nur eines versprechen.
Alles wird einmal vorüberziehen.
Nach jedem Regen kommt die Sonne, nach jeder Nacht kommt der Tag.
Neue Kapitel kommen im Leben schnell und alles verändert sich noch viel, viel schneller.
Deswegen packe diese ganzen Gefühle, Erlebnisse, Glücksmomente, Erfahrungen … in einen Koffer, sodass du immer bereit bist.
Genieße dein Leben in vollen Zügen, von Tag zu Tag.
Genieße alles, was dir das Leben bietet, alles, was auf dich zukommt, denn… alles geht so schnell vorbei.
Denn ich mache mir Sorgen, dass ich dich zu sehr beschützen werde und es vielleicht nicht zulassen werde, dass du die wirkliche Welt kennenlernst. Und es tut mir schon jetzt leid dafür, wenn ich dabei versage, aus dir eine starke Frau zu machen.
Ich glaube an dich, aber viel wichtiger ist, dass du selber an dich glaubst.
Ich möchte, dass du Freunde fürs Leben findest. Aber leider wirst du auch einsehen müssen, dass nicht alle Menschen freundlich und Freunde sind.
Es gibt Menschen, die sind furchtbar herzlos.
Ich möchte dir nur alles Schöne zeigen, aber dich auch für die weniger schönen Dinge vorbereiten im Leben. Und meine Perle, egal was du tust, vergiss nicht, du selbst zu sein. Ich hoffe, dass du so tapfer sein wirst.
Sei immer gut, sei immer brav, sei immer dankbar für deine Gesundheit, für die Gesundheit deiner Familie, für all die schönen Dinge im Leben… und bleibe dir immer treu. Denn das ist die beste Medizin für alle Plagen im Leben.
Ich hoffe, dass ich dir beibringen werde, stets freundlich und geduldig zu sein. Dass du deinen Gegnern vergibst, denn innere Ruhe ist Gold wert.
Ich möchte nicht, dass du in diesem Prozess mit dir selber kämpfen musst, ich möchte, dass du selbstsicher bist und weißt, dass ich dir immer Liebe und Unterstützung anbieten werde.
Ich hoffe, du wirst nie spüren müssen, dass du anders als andere bist.
Ich hoffe, dass aus deinem Mund nur liebe Worte ausgesprochen werden und die momentane Wut dich nicht daran hindern wird auch dann freundlich zu bleiben.
Ich wünsche mir, dass du ein aufgeschlossenes Herz haben wirst und dass du Menschen vertraust.
Erlaube deinen Unsicherheiten nicht, dass sie dich auf den falschen Weg führen.
Gehe nicht immer auf Nummer sicher, sei tapfer und erkunde deine Neugier.
Lerne aus deinen Niederlagen, anstatt dich von ihnen nach unten ziehen zu lassen. Denn Niederlagen sind die besten Lektionen im Leben.
Ich hoffe, du findest deinen eigenen Weg, so wie ich meinen gefunden habe. Ich wünschte, dass du nie Schmerz und Trauer erleben musst, aber du wirst es müssen und wenn du es zulässt werden sie dich positiv formen.
Du wirst im Leben stolpern, hinfallen und entmutigt sein.
Aber… du wirst aufstehen, deine Krone richten und tapfer weiter durchs Leben gehen.
Das wünsche ich mir.
Denn du bist mein Stolz und ich werde es dir immer sagen, so oft es nötig ist.
Von Mami an dich meine Teenie-Perle
Abschließende Gedanken
Liebe Mama, ich hoffe, dir hat mein Brief an meine Tochter gefallen. Ich hoffe auch, dass du mich wenigstens ein bisschen verstehen kannst und dich vielleicht in meinen Worten wiedergefunden hast.
Vielleicht bin ich ein bisschen zu viel “Träumerin”, aber das bin ich und so bin ich. Vielleicht habe ich dich mit meinem Brief an mein Kind auf eine Idee gebracht. Das wäre toll.
Ich möchte nicht immer betonen, dass ich anders bin, obwohl ich wahrscheinlich ein bisschen anders ticke. Ich bin nichts, außer ich und bin mir treu, denn das erfüllt mich und macht mich glücklich.
Bin auch bestimmt nicht die erste Mami, die einen Brief an ihre Tochter schreibt. Aber bei so viel Auswahl an Geschenken hat ein Brief an mein Kind für mich eine besondere Bedeutung.
Ein Brief ist nicht nur ein Brief, es sind Gefühle, Erlebnisse und Wünsche in Worte verpackt, zu denen man immer greifen kann, auch wenn ich vielleicht mal nicht da sein werde.
Ich schnuppere täglich schöne Sprüche, Tochter Sprüche und versinke in verschiedenen Geschenkideen.
Das alles ist toll, aber ich möchte mehr. Und obwohl meine Kinder klein sind, mache ich mir schon jetzt vielleicht zu viel Gedanken darüber, was ich ihnen schenken könnte.
Aber ich möchte mehr schenken als einen “Alles Gute zum Geburtstag Spruch”, als ein Buch von Norbert van Tiggelen, dass ich mit einem Klick auf Amazon bestellt habe. Ich möchte ein kleines Stück mich schenken.
Und wie kann ich es besser tun, als mit Schreiben. Ich hatte nicht vor, einen rührenden Brief zu schreiben, aber ich vergieße Tränen, und zwar Glückstränen.
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