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Wenn Babys Und Kinder Am Daumen Lutschen – Sollte Man Das Abgewöhnen?

Wenn Babys Und Kinder Am Daumen Lutschen – Sollte Man Das Abgewöhnen?

Bereits Babys zeigen bestimmte Vorlieben, wie beispielsweise, dass sie gerne am Schnuller oder am Daumen lutschen.

Du bist frisch gebackene Mama und hast bereits das Wochenbett und die ersten Herausforderungen des Stillens hinter dir und nun machst du dir schon die nächsten Gedanken: Wie lange ist das Daumenlutschen in Ordnung?

Gehörst du vielleicht zu den Eltern, deren Kinder partout den Schnuller ablehnen und sich lieber so beruhigen und in den Schlaf finden, indem sie am Daumen lutschen?

Oder ist dein Baby bereits ein richtiges Kleinkind geworden und du fragst dich, wann du dir Mühe machen solltest, ihm das Daumenlutschen abzugewöhnen?

Wie packt man das an und welche Mittel können helfen?

Warum lutschen Babys und Kinder überhaupt am Daumen und gibt es Folgen für die Gesundheit?

Während einige Kinder mit dem Daumen lutschen aufhören, wenn die ersten Zähnchen sich ankündigen, muss man bei anderen eingreifen, bevor es zu einem Problem wird. 

In diesem Beitrag gehe ich für dich all diesen Fragen nach.

Daumenlutschen Baby – Der Saugreflex

Das Daumenlutschen kann man nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Primaten beobachten.

Beispielsweise stecken sich auch Affen den Daumen in den Mund und nuckeln daran.

Es hängt damit zusammen, dass das Saugen ein angeborener Reflex ist und zum Überleben dient.

Im ersten Lebensjahr sichert dieser Saugreflex nämlich die Nahrungsversorgung, denn er ermöglicht, dass das Baby stillt.

So werden direkt nach der Geburt die Reflexe des Babys überprüft.

Wenn man seine Lippen oder seine Zungenspitze berührt, kann man beobachten, wie das Kleine mit saugenden Mundbewegungen darauf reagiert.

Übrigens kann man bei manch einem Baby bereits bei Ultraschalluntersuchungen beobachten, dass es am Daumen nuckelt, also noch während es im Mutterleib ist.

Deshalb wird vermutet, dass dieser Reflex für angenehme Empfindungen sorgt.

Allein durch den Reflex lässt sich das Phänomen des Daumenlutschens allerdings nicht erklären, den eine große Zahl der Kinder setzen das Verhalten auch nach dem ersten Lebensjahr fort.

Es wird vermutet, dass das Lutschen am Daumen mit Beruhigung und Geborgenheit in Verbindung steht und dazu dient, Anspannungen zu lösen oder auf Angst und Stress zu reagieren.

Psychologen stützen diese Vermutung darauf, dass beobachtet werden kann, wie Kinder umso eifriger und intensiver am Daumen lutschen, je aufgeregter oder beunruhigter sie sind.

Zwar kommt es natürlich vor, dass Babys auch an Sachen wie Schnullern, Schmusedecken oder Plüschtieren saugen, jedoch ist der Daumen ja immer da und kann einem nicht weggenommen werden, sodass seine beruhigende Wirkung jederzeit genutzt werden kann.

Was man früher davon hielt, dass Kinder am Daumen lutschen

Vor mehr als hundert Jahren hat man verschiedene, oftmals tiefenpsychologische Ursachen für das Daumenlutschen gesucht, das man als unerwünschtes Verhalten, ja sogar als Kinderkrankheit betrachtet hat.

So wird im berühmt-berüchtigten Bilderbuch Struwwelpeter des Frankfurter Psychiaters und Arztes Heinrich Hoffmann aus dem Jahr 1844, das seit den 1970er-Jahren glücklicherweise als Exemplar einer autoritären und schwarzpädagogischen Erziehung abgetan wird, der Daumenlutscher Konrad so bestraft, dass ihm die Daumen abgeschnitten werden.

Ende des 19. Jahrhunderts fand das Daumenlutschen sogar Beachtung in der medizinischen Fachliteratur und einige Jahrzehnte später wurde es als Nervenkrankheit klassifiziert.

Der Erste, der sich fachmännisch zum kindlichen Daumenlutschen äußerte, war der US-amerikanische Arzt Thomas Chandler, der 1878 behauptete, dass dieses Verhalten schädlich sei, weil es Missbildungen des Kiefers und schiefe Zähne (Zahnfehlstellungen) verursacht.

Zudem sollte das zu Deformationen der Hände und einer schwachsinnig anmutenden Miene führen, wobei Chandler der Meinung war, dass diese Schäden ein Leben lang bleiben könnten.

Es ist die Zeit der aufkommenden Psychoanalyse, als sich 1879 der deutsche Kinderarzt S. Lindner sehr kritisch zum sogenannten “Ludeln” äußerte.

Mit diesem Begriff fasste er die kindliche Neigung zusammen, an Fingern, Lippen, anderen Körperteilen und überhaupt an allem zu saugen, was sie zum Mund führen können.

Er verwies auf schwerwiegende Folgen wie Skoliose, geistigen Verfall, schiefen Mund, versetzte Zähne, unförmigen Kiefer und sogar Masturbation.

Lindner war nämlich der Ansicht, dass Daumenlutscher mit gezielten Berührungen verschiedener Körperteile dieses auch sexuelle Vergnügen unterstützen würden.

In Amerika hat 1895 Samuel Hopkins in einer Monografie geschrieben, dass Daumenlutschen Missbildungen hervorruft, die so abscheulich sind, dass es unerlässlich ist, darauf aufmerksam machen zu müssen und darauf zu drängen, gegen die Bekämpfung dieses als Übel angesehenen Verhaltens Maßnahmen zu ergreifen.

Auch der Begründer der Psychoanalyse Sigmund Freud hat 1905 in einer seiner Abhandlungen auf Lindner verwiesen und das Daumenlutschen als Beispiel für kindliche Selbstbefriedigung genannt.

Folglich hat man dann das Daumenlutschen, wie auch die Masturbation selbst, als eine Krankheit angesehen, die behandelt werden müsste.

Als Gegenmaßnahmen hat man im frühen 20. Jahrhundert Ermahnung und Hygiene verordnet und Vorrichtungen erfunden, die über die Hände gestülpt wurden und so jegliche Berührungen verhinderten.

Sogar bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts finden sich in allen Fachbüchern über Kinderkrankheiten Einträge zum Daumenlutschen.

Da dieses Phänomen jedoch so häufig und verbreitet ist, konnte es nicht auf die Dauer als pathologisch betrachtet werden.

Untersuchungen von Kieferorthopäden in der Mitte des 20. Jahrhunderts zufolge haben pauschal 54 % aller Kinder oder aber ganze 61 % der 6- bis 14-Jährigen die Gewohnheit entwickelt, am Daumen zu lutschen.

Nun wurde es von Kinderärzten nicht mehr als Krankheit, sondern als schlechtes Verhalten und schlechte Angewohnheit eingestuft.

Mir ist dieser kleine Exkurs in die Geschichte wichtig, um anzuzeigen, dass es eine bestimmte Tradition der Ansichten über das Phänomen des Daumenlutschens bei Kindern gibt und dass sie maßgeblich dazu beigetragen hat, dass unsere Gesellschaft auch heute noch eine ablehnende Einstellung zu diesem Verhalten hat.

Was man heutzutage davon hält, dass Kinder am Daumen lutschen

Es würde heute wohl kaum jemand auf die Idee kommen, dass das Lutschen oder Nuckeln am Daumen an sich eine Krankheit ist, die es mit allen Mitteln zu heilen gilt.

Allerdings gibt es auch heutzutage Bedenken bezüglich der Folgen dieses Verhaltens.

Der Diplom-Psychologe Holger Simonszent macht deutlich, dass das Daumenlutschen bis zum zweiten Lebensjahr noch gelassen beobachtet werden kann.

Es wird durch das Saugbedürfnis des Kindes erklärt, das im Laufe der Entwicklung meist von selbst nachlässt.

Simonszent betont, dass Kinder mit zunehmendem Alter neue Strategien entwickeln, wie sie sich beruhigen, mit Stress umgehen und Spannungen abbauen können.

Zudem können sie Gefühle und Dinge immer besser nachvollziehen und auch benennen.

Dieser Prozess würde, so Simonszent, ganz von selbst gelingen, vorausgesetzt, das Kind wächst in einer freundlichen und sicheren Umgebung auf.

Wenn ein Kind aber mit drei Jahren immer noch gelegentlich oder regelmäßig am Daumen nuckelt, ist das ein Zeichen, dass aus dem Saugbedürfnis eine Gewohnheit geworden ist, die bei verschiedenen Emotionen und Zuständen wie Langeweile, Angst, Wut oder Trotz auftritt.

Dann wird es laut dem Psychologen höchste Zeit für die Abgewöhnung, denn ansonsten könnte die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes beeinträchtigt sein, wenn keine anderen Strategien zur Gefühlskontrolle entwickelt werden.

Der Kinderzahnarzt Bastian Widdershoven macht zudem darauf aufmerksam, dass ausdauerndes und lang anhaltendes Lutschen und Nuckeln am Daumen Spuren am Kiefer und an den Zähnen hinterlassen kann.

Als Folge droht eine Zahnfehlstellung besonders der oberen Schneidezähne oder es besteht die Gefahr vor einem offenen Biss, der das Abbeißen erschweren oder sogar gänzlich unmöglich machen kann.

Zahnärzte und Kieferorthopädie weisen darauf hin, dass der Kiefer im Wachstum behindert und die Zungenmotorik gestört sein kann, sodass ausdauernde Daumenlutscher dann bestimmte Laute nicht korrekt ausgesprochen werden können.

So ist es sogar bei 40 % der Kinder und Jugendlichen, die behandelt und therapiert werden müssen, der Grund dafür ist, dass sie zu lange am Daumen gelutscht haben.

Die Behandlung ist dann abhängig von den Schäden, die entstanden sind, und reicht von einer einfachen Mundvorhofplatte bis zu komplizierten kieferorthopädischen Apparaturen.

Dabei ist die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie, dass das Kind mit dem Daumenlutschen aufgehört hat.

Wenn Kinder am Daumen lutschen – Die Folgen im Überblick

Es ist interessant, dass es bei vielen Naturvölkern im Gegensatz zu hoch entwickelten Gesellschaften viel seltener vorkommt, dass Kinder am Daumen lutschen.

Das wird zum Teil dadurch erklärt, dass an einem bestimmten Stillverhalten festgehalten wird und das Baby die Brust bekommt, sobald es quengelt oder schreit.

Natürlich kommt es nicht bei allen Kindern, die dauerhaft am Daumen lutschen, zu den hier aufgezählten Folgen, aber bestimmte Gefahren bestehen trotzdem, falls sich die Angewohnheiten nicht rechtzeitig ändern:

• Der Kiefer verformt sich.

• Es kommt zu Fehlstellungen der Zähne.

• Ein Überbiss droht.

• Manchmal kommt es zu Artikulationsschwierigkeiten beim Sprechen.

• Diese wiederum sind Grund dafür, dass das Kind die Sprache später erlernt.

• Aufgrund von Daumenlutschen Daumen verformt oder weist Hornhaut und Warzen auf.

• Nach dem vierten Lebensjahr Gefahr vor Hänseleien.

• In Extremfällen kann es zu Verhaltensstörungen kommen.

Da der Daumen gegen die oberen Schneidezähne drückt, verschieben sich diese nach vorne, wobei die Zähne nach außen hervortreten und schräggestellt werden können. Dann ist eine Zahnspange nötig.

Wie kann man das Daumenlutschen abgewöhnen?

Es gibt Eltern, die es nahezu als Gesellschaftszwang ansehen, beim Kind in seine Gewohnheit des Daumenlutschens einzugreifen, besonders wenn dies mit Schamgefühlen bezweckt wird.

Wenn ein Kind immer noch am Daumen lutscht, so deren Meinung, dann hat es auch seine guten Gründe dafür wie Sicherheit und Geborgenheit und diese sollte man ihm nicht wegnehmen.

Laut des amerikanischen Kinderarzt-Verbandes gibt ein Kind diese Angewohnheit ganz von allein auf, wenn es andere Wege und Strategien zum Abbau von Stress und zur Gefühlsregulation entwickelt hat.

Außerdem hören die meisten Kinder spätestens beim Schuleintritt mit dem Nuckeln auf, denn auch die neue Umgebung begünstigt eine Umstellung der Gewohnheiten.

Auf keinen Fall sollte man aber mit Druck auf das Kind einreden, denn der Schuss kann nach hinten losgehen und dafür sorgen, dass das Kind sogar noch mehr am Daumen lutscht.

Es ist also wichtig, sanft und behutsam vorzugehen, das Kind zu beobachten und festzustellen, in welchen Situationen und Gefühlslagen es die Gewohnheiten hat, am Daumen zu lutschen.

Falls du dir aber große Sorgen bezüglich der späteren Folgen machst und unbedingt eingreifen möchtest, könnten diese Mittel unterstützend wirken:

•  Bittere und scharfe Tinkturen, die auf den Daumennagel aufgetragen werden und durch den unangenehmen Geschmack das Kind davon abhalten sollen, am Daumen zu lutschen.

​• Handschuhe oder ein Handschuh für den Daumen, der mit einem Klettverschluss am Handgelenk befestigt wird.

Der Stoff soll ein unangenehmes Gefühl auslösen, wenn der Daumen in den Mund geführt wird.

• Die Alternativmedizin empfiehlt Bachblüten, die den Drang, am Daumen zu lutschen, unterdrücken sollen.

• Belladonna, Ipecacuanha und andere Globuli und homöopathische Mittel können hilfreich sein im Kampf gegen das Daumenlutschen.

• Eine Gewohnheit einfach aufzugeben, ist besonders schwer, wenn es keinen Ersatz gibt.

Deshalb könntest du es mit einem Kuscheltier oder einem Schnuffeltuch versuchen.

• Sorge dafür, dass du deinem Kind die passende Ablenkung bietest.

Dafür musst du zuerst feststellen, in welchen Situationen es am Daumen lutscht und greifst dann mit einer Aktivität ein, die bei deinem Kind für Wohlbehagen sorgt, wie beispielsweise Körperkontakt und Kuscheln, Vorlesen, Singen oder ein Spiel.

• Vertraue darauf, dass dein Kind Eigeninitiative entwickelt und von selbst mit dem Daumenlutschen aufhört.

In Anbetracht der möglichen schädlichen Folgen ist das natürlich leichter gesagt, als getan, aber du hörst beim Austausch mit anderen Eltern bestimmt über genügend solche Fälle.

• Ganz wichtig bei allen möglichen Strategien zur Abgewöhnung ist es, dass du Geduld bewahrst.

Wie oben bereits erwähnt, kann forderndes und ungeduldiges Verhalten beim Kind Stress erzeugen, der kontraproduktiv wirkt.

Kann man das Daumenlutschen verhindern?

Falls du erst kürzlich Mama geworden bist und dir diesen Artikel durchgelesen hast, fragst du dich wahrscheinlich, ob es möglich ist, das Daumenlutschen einfach zu verhindern.

Du kannst natürlich versuchen, deinem erst einige Wochen alten Baby den Schnuller anzubieten, lasse dir aber diesbezüglich bitte von deiner Stillberatung erklären, wie sinnvoll das hinsichtlich des Stillverhaltens des Babys ist.

Außerdem kann es sein, dass deinem Baby ein Schnuller einfach nicht richtig schmeckt oder sich seine Form nicht gut anfühlt, während es mit dem Daumen anders ist.

Übrigens wirst du es nachts nur bedingt mitbekommen, ob dein Baby am Daumen nuckelt oder nicht.

Du wirst diesen Umstand einfach hinnehmen müssen und dich vielleicht sogar erst mal darüber freuen, dass dein Baby sich auch anders beruhigen lässt, als ausschließlich an der Brust.

Abschließende Gedanken

Dass Babys am Daumen nuckeln, hat mit dem angeborenen Saugreflex zu tun, der im ersten Lebensjahr das Überleben sichert.

Psychologen gehen davon aus, dass das Daumenlutschen später eine beruhigende Wirkung auf das Kind hat und ihm hilft, Anspannungen zu lösen und Stress abzubauen.

Ärzte haben Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts das Daumenlutschen nicht nur als schlechtes und schädliches Verhalten angesehen, sondern es sogar als Krankheit bezeichnet.

Mit der aufkommenden Psychoanalyse vermutete man dahinter auch ein sexuelles Vergnügen. Jedes Mittel war recht, um das Nuckeln zu verhindern.

Heutzutage würde wohl kaum jemand auf die Idee kommen, Daumenlutschen als Krankheit zu bezeichnen, allerdings machen sowohl Psychologen als auch Kieferorthopäden darauf aufmerksam, dass ab dem zweiten Lebensjahr der Reflex bereits zur Gewohnheit geworden ist, die schädliche Folgen haben kann.

In diesem Beitrag habe ich die Meinungen von Experten vorgestellt, die behaupten, dass lang anhaltendes Daumenlutschen zu Störungen in der Persönlichkeitsentwicklung und Fehlstellungen im Mundbereich führen kann, falls das Kind nicht andere Strategien zur Stressbewältigung und Gefühlsregulation entwickelt.

Zudem habe ich dir einige Tipps genannt, wie du deinem Kind helfen kannst, sich das Nuckeln am Daumen abzugewöhnen.

Viele Kinder gewöhnen sich an das Daumenlutschen, wenn Mamas versuchen sie vom Schnuller abzugewöhnen. Da musst du besonders vorsichtig sein, denn einen Daumen haben sie immer dabei. 

Dabei ist das Wichtigste, dass du Geduld bewahrst und darauf vertraust, dass dein Kind die Gewohnheit von selbst ablegen wird, wenn es sich bereit dazu fühlt.

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Friday 11th of February 2022

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